Fesch & rank
Mit seiner handgefertigten Repetierbüchse, der "Kesslerin", erschloss sich der niederbayerische Büchsenmachermeister Roland Kessler eine Marktlücke.Jetzt, zwei Jahre später, gibt es von der Büchse zwei weitere Versionen, die wir Ihnen im aktuellen Heft vorstellen.
Die bereits im Normalschaft betont schlanke Linie der „Kesslerin“ wird durch den Ganzschaft nochmals unterstrichen. Der Schaft wird erst nach Wahl der Lauflänge im Bereich des Vorderschafts fertig gestellt, was eine durchgängige Standardisierung für alle Kaliber ausschließt. Gegen Mehrpreis können besonders gute Holzqualitäten gewählt werden, die bereits in der Basisausstattung sehr ansprechend sind. Das Käppchen am Kaisergriff und der formschöne Vorderschaftabschluss sind aus Edelholz. Eine „old english“ Gummikappe schließt den Schaft ab.
Fescher Stutzen
Landläufig wird unter Stutzen ein (kurzes) Jagdgewehr oder eine ganz geschäftete Büchse verstanden. Bei langen Läufen ist der einteilige Ganzschaft nicht unproblematisch, weil es durch „Arbeiten“ des Holzes zu Verspannungen kommen kann, die sich auf die Schussleistung nachteilig auswirken. Kürzere und auch dickwandigere Läufe reagieren dagegen weniger empfindlich.
Vom Basismodell unterscheidet sich der Stutzen in der Lauflänge, die bei einem Mündungsdurchmesser von 15,5 Millimetern je nach Kaliber zwischen 48 und 52 Zentimeter beträgt. Die feste Visierung ist auf 50 Meter eingeschossen und besteht aus Leuchtkorn und Standvisier. Die Visierlänge beträgt 33 Zentimeter. Als Fachmann weiß Kessler, dass nicht alles Machbare auch sinnvoll ist. Hochleistungskaliber, die nur in mindestens 55 Zentimeter, besser in 60 Zentimeter langen Läufen die volle Leistung erreichen, sind eben nichts für „Stutzen“, es sei denn, der Jäger scheut weder Rückschlag noch Mündungsfeuer oder Knall. Letztere Faktoren machen sich vor allem in engen Kanzeln und in der Nacht sehr störend bemerkbar. Aus diesem Grund werden kürzere Läufe als 48 Zentimeter (19“) nur auf Wunsch verwendet. Die Kammerbahn und Zuführrampe der nummerngleichen DWM-Systeme sind sauber poliert. Die rechtsliegende Zweistellungs-Sicherung lässt sich allein mit dem Daumen gut und geräuschlos bedienen. Das Klappdeckelmagazin fasst drei Patronen, eine vierte ließe sich direkt in den Lauf laden.Ein besonderer Blickfang der Testwaffe ist die handgestochene Rankengravur auf Kastenboden, Magazindeckel und Abzugsbügel. Sie steht geschmackvoll im Kontrast zu dem Schaftholz und ist wie jede andere Gravur auf Anfrage gegen Mehrpreis erhältlich. Der kurze Kämmerstengel ist umlaufend griffig geriffelt.
Kurzlauf-Modell
Diese Version unterscheidet sich nur durch den Halbschaft vom Stutzen. Die Laufkontur ist auf die Schäftung abgestimmt und unterstreicht nicht nur optisch das handliche Format der Büchse. Kessler empfiehlt vor allem Kaliber, die sich schon seit Jahrzehnten für kurze Läufe eignen und bewährt haben. Nachdem die Waffe ohnehin schon sehr leicht ist, würden zu "knackig" reagierende Kaliber der Gesamtkonzeption widersprechen. Dessen ungeachtet seien die passenden Kalibergruppen kurz angesprochen:• 22-250(5,7 mm) Rem. passt als kleinstes Kaliber hülsenbezogen ins 98er-System. 50 Zentimeter Lauflänge sollten nicht unterschritten werden, um das Potential der kleinen „Giftbiene" für weite Schüsse nützen zu können.
• Das Kaliber 6 mm mit dem Hauptvertreter .243 Win. kommt ebenfalls noch mit 50 Zentimetern aus, leidet aber unter der Beschränkung auf Rehwild.
•Das 6,5 mm-Kaliber bietet mit der legendären 6,5x54 M.-Sch. einen Oldtimer, der mit 45 Zentimeter Lauflange für viele Jahre den kürzesten Lauf aufwies. Leider ist die Munitionsbeschaffung zum Problem geworden. Für die 6,5x57 ist 50 Zentimeter das untere Limit.
• In 7 mm ist die über 100 Jahre alte 7 mm Mauser (7x57) immer noch erste Wahl für kurze Läufe. Kavalleriekarabiner hatten Lauflängen um 50 Zentimeter. Die 7 mm-08 als moderne Patrone käme eventuell noch in Betracht. Die 7x64 ist ebenso ungeeignet wie die .30-06 der nächststärkeren Gruppe.
• Die 30er-Kaliber bieten noch die größte Auswahl, wenn es um die Eignung für kurze Läufe geht. Der niedrige Gasdruck der sechs lieferbaren Laborierungen im Kaliber .300 Savage macht diese Patrone für kurze Läufe sehr geeignet. Die .308 Win. hat sich dank ihrer großen Geschossauswahl zum meist geführten Kaliber dieser Gruppe entwickelt.
•Wenn 8 mm zur Diskussion steht, ist die 8x57JS an Wirkung nicht zu übertreffen, wenngleich auch schon Waffen im Kaliber 8x64S geliefert wurden.
• 9 mm-Kaliber eignen sich nur, wenn der Gasdruck niedrig ist. Etwas mehr „Dampf" für starkes Wild entwickelt die auch angebotene .35 Whelen.
Bei allen Kalibern wurde davon ausgegangen, dass sich der Hülsenboden für den Stoßboden des 98er-Systems eignet. Die Auswahl an Laborierungen kann hinsichtlich der Wirkung und Präzision von Bedeutung sein. Diese Anmerkungen sind wichtig, um Enttäuschungen zu vermeiden, die bei ungenügender Abstimmung zwischen Kaliber und Waffe zu erwarten sind.
Die Schussleistung
..der Testwaffe im Kaliber .308 Win. wurde mit zwei Laborierungen geprüft, wobei auf 100 Meter ohne Auskühlungspause mit der 11,7 g GECO Teilmantel ein Streukreis von 18 Millimetern erreicht wurde. Die 9,7 g Federal Ballistic Tip kam mit 30 und 31 Millimeter Streukreisen nicht an dieses hervorragende Ergebnis heran. Wegen der undeutlichen Erkennbarkeit auf dem dunklen Scheibenspiegel werden die Streukreise auf den Rückseiten der Scheiben gezeigt. Angenehm moderat war der Rückschlag, der das leichte Gewehr gut im Ziel halten ließ.
Flachmontage
„Nackt“ brachte die 106 Zentimeter lange Büchse exakt 2970 Gramm (mit dem variablen Zielfernohr 3570 g) auf die Waage. Als Testglas montierte Kessler ein Zeiss Diavari VMI V 5-15x42 T*, Absehen 11, mit einer Flachmontage, die von Recknagel exklusiv für ihn gefertigt wird. Die Visierhöhe liegt dabei auch mit „dickeren“ Gläsern nur 65 Millimeter über dem Schaftrücken. Mit 26 oder 30 Millimeter-Ringen beträgt der Komplettpreis für die Montage 480 Euro. Auf Wunsch werden Zielfernrohre aller Marken auch mit jeder anderen Montage aufgesetzt. Standard ist der für ein 98er-System unübertroffene Kessler--Kompaktabzug, der einem Matchabzug entspricht, jeden Stecher vergessen lässt und im weiten Abzugsbügel auch mit Handschuhen sicher zu handhaben ist.
Sowohl die kurze als auch die ganz geschäftete Büchse sind Waffen, die mit Liebe zum Detail handwerklich gefertigt sind und die persönliche Handschrift Roland Kesslers tragen.
Preise: für die kurze und normale Ausführung je ab 2480 Euro, für den Stutzen ab 2810 Euro. Kesslers Waffen können nach Absprache im nahe gelegenen Schießstand Probe geschossen werden.
Sein Slogan "Fesch und rank, nicht nur im Schrank", lässt sich ohne Abstriche auf alle Versionen seiner „Kesslerin“ anwenden.